Dr. Maria Khayutina
Institut für Sinologie

Familie und Elitenbildung in China

Das Leben im traditionellen China wurde durch Verwandtschaftsbeziehungen geprägt. Familien (jia) gleicher Abstammung organisierten sich in großen, hierarchischen Familienverbänden (zongzu, häufig als „Clanen“ bzw. „Lineages“ übersetzt). Gemeinsamer Ahnenkult und weitere Familienrituale stifteten die Gruppensolidarität und sicherten die Hierarchie innerhalb der zongzu. Verpflichtungen gegenüber der Familie wurden in Gesetzen und gesetzähnlichen Ritualvorschriften veankert. Der Staat überließ den zongzu zum Teil administrative Verwaltung und sogar Rechtsprechung. Die zongzu engagierten sich für die Entwicklung der lokalen materiellen Infrastruktur (z. B. Strassen- und Brückenbau), organisierten Agrarwirtschaft und Manufakturen, übten Wohltätigkeit aus und gründeten Schulen. Diese unterschiedlichen Engagements und weitere Strategien ermöglichten es, den Status und das Prestige des Familienverbandes zu steigern und einigen seinen Mitgliedern bessere Aufstiegschancen zu eröffnen. Im Rahmen des Proseminars werden die Grundsätze der chinesischen traditionellen Familienstruktur sowie deren religiöse, ideologische und rechtliche Stützen erläutert. Im nächsten Schritt werden anhand von Beispielen aus unterschiedlichen historischen Perioden konkrete Strategien von chinesischen Familienverbänden besprochen, welche ihre Mitglieder zu Mitgliedern der gesellschaftlichen Elite machten. Zuletzt werden die Veränderungen in der traditionellen Familienordnung und in der Elitenbildung im 20.-21. Jh. in Betracht gezogen.

Bilder vom Webportal der Chen Familiengemeinschaft www.chens.org.cn, 2015